Ob „austherapierte“ Rückenschmerzen, Migräne, Burnout oder Phobien – wenn die Schulmedizin nicht weiter weiß, werden die Rufe nach alternativen Therapien lauter.
In den Fokus der Medien ist in den letzten Jahren verstärkt die Hypnosetherapie gerückt. Doch ist Hypnose wirklich so neuartig? Und wie genau funktioniert Hypnose?
Die Geschichte der Hypnose
Wie Keilschrifttexte belegen, waren hypnosetherapeutische Ansätze bereits den Sumerern im 4. Jahrtausend v. Chr. in Form des Tempelschlafs bekannt.
Auch in der Heilkunst der indischen, der griechischen oder ägyptischen Kultur finden sich Belege dafür, dass Suggestionen und eine schlafähnliche Tiefenentspannung seit vielen Jahrtausenden therapeutisch eingesetzt wurden.
Wie bei so vielem medizinischen Wissen trugen aber die Jahrhunderte der Inquisition dazu bei, dass Hypnose als ketzerische Heilkunst lange Zeit nicht angewandt werden konnte und daher in Vergessenheit geriet.
Die Neuentdeckung der Hypnosetherapie nach dem Mittelalter
Erneute medizinische Anerkennung fand Hypnose, als sich Wissenschaftler ab dem 18. Jahrhundert wieder intensiv mit Hypnose beschäftigten.
Auch über Sigmund Freud ist bekannt, dass er Hypnose in Erwägung zog, um die menschlichen Psyche zu analysieren. Er konnte sich mit Hypnose jedoch nicht anfreunden und wandte sich anderen Methoden zu.
Freuds Ablehnung mag auch einer der Gründe gewesen sein, warum Hypnose lange Zeit keine nennenswerte Verbreitung fand, bis schließlich der US-Amerikaner Milton Erickson in den 1930er-Jahren die Hypnose für sich neu entdeckte, zahlreiche wissenschaftliche Schriften veröffentlichte und später die Amerikanische Gesellschaft für Klinische Hypnose gründete.
Im Unterschied zu Freud, der standardisierte Hypnose lediglich als Analyseverfahren nutzen wollte, setzte Erickson auf individuelle Suggestionen, durch die die Selbstheilungskräfte angestoßen werden sollten. Erickson hatte damit einen der Grundsteine für die moderne Hypnosetherapie gelegt.
Hypnose im 20. Jahrhundert
Als hätte es Hypnose nicht bereits schwer genug gehabt, sich als ernstzunehmendes Therapieverfahren zu etablieren, kam in der Nachkriegszeit landläufig die Meinung auf, in einer Trance sei man willenlos und dem Therapeuten völlig ausgeliefert. Dieser Eindruck wurde geprägt von Bühnenhypnotiseuren, die es verstanden im Publikum diejenigen Zuschauer zu erkennen, die für Suggestionen besonders empfänglich waren, um mit ihnen ihre Späße und Spielereien zu veranstalten.
Dass professionelle Hypnosetherapie aber nichts mit solcher Schauhypnose zu tun hat, weiß der Diplom-Psychologe und Hypnosetherapeut Martin Rosenauer aus München. Der Hypnotiseur hat in seiner Münchner Praxis bereits zahlreiche Patienten bei psychischen und psychosomatischen Beschwerden therapiert. Klassische Anwendungsgebiete der Hypnosetherapie seien Ängsten, Phobien, Depressionen und Zwangsstörungen, ebenso aber auch psychosomatische Schmerzen wie viele Rückenschmerzen. Aber auch zur Entwicklung von mehr Selbstwertgefühl oder zur Änderung des Ess- oder Rauchverhaltens könne Hypnose eingesetzt werden. Rosenauer muss es wissen, denn der ehemalige Bezugstherapeut einer Fachpsychiatrie in Berlin ist nicht nur Diplom-Psychologe und Heilpraktiker für Psychotherapie, sondern hat auch mehrere renommierte Hypnosetherapieausbildungen, unter anderem bei dem Arzt Floris Weber, genossen.
Doch wie genau funktioniert Hypnose?
In der Hypnosesitzung wird der Patient in eine hypnotische Trance versetzt. Das ist ein tiefenentspannter Wachzustand, ähnlich dem Schlaf. In einer solchen Trance ist der Rahmen gewohnten Denkens und alter Überzeugungen aufgehoben, so dass ein direkter Zugang zum darunterliegenden Emotionsgedächtnis möglich ist. Im Emotionsgedächtnis sind unter anderem negative Gefühle gespeichert, die durch hypnosetherapeutische Strategien und Suggestionen des Therapeuten beeinflusst und beispielsweise mit der Hypnose therapiert werden. Beispielsweise können in der verblassten Kindheit gemachte schlechte Erfahrungen, die vielleicht nur noch als Ahnungen oder Intuition auf das Leben eines mittlerweile Erwachsenen wirken, nochmal ins Bewußtsein geholt und mit der Hypnoanalyse aufgelöst werden.
Der Kniff der Hypnose ist also, in einer Trance den logischen Verstand zurückzudrängen um besseren Zugriff auf das Unterbewußtsein und damit auf die Gefühle zu erhalten. Denn die Gefühle, und das sagt auch die moderne Gehirnfoschung, prägen unser Handeln viel mehr, als wir lange Zeit glaubten.
Blaise Pascal, der französische Mathematiker, wußte das übrigens bereits im 17. Jahrhundert, als er sagte: „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“
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